lichkeiten, die sich in der Rechtsform der eG bieten und die Grenzen, die durch sie entste- hen. Dabei ging Keßler auf die einzelnen Rechte und Pflichten der Organe ein und leg- te ein spezielles Augenmerk auf den Förder- zweck von Genossenschaften und wie Akteu- re diesen unterschiedlich mit Leben erfüllen. Auch wie dieser Förderzweck sich rechtlich auf den Erwerb, die Veräußerung und den Ab- riss von Wohnungen auswirkt, beleuchtete Keßler in seinem Vortrag. Zudem berichtete am Vormittag Bernd Wei- ler als Vorstand der bundesweiten Marketing- initiative der Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland e.V. über deren Aktivitäten. Mehrere große Imagekampagnen, Plakatmo- tive und Radiospots werben für das Wohnen in Genossenschaften und deren Vorzüge, bei- spielsweise unter dem Motto „Gesellschaft braucht Genossenschaft.“ Interessierte Ver- treter der Wohnungsgenossenschaften aus Baden-Württemberg erfahren mehr auf der bundesweiten Plattform www.wohnungs- baugenossenschaften.de und können sich direkt an ihn wenden. Wie sehr Genossenschaften die Gesellschaft prägen und Nachbarschaften bereichern kön- nen, wusste auch Dr. Annika Reifschneider vom Baden-Württembergischen Genossen- schaftsverband e.V. (BWGV) zu berichten. Mit dem Programm „Genossenschaftlich getrage- ne Quartiersentwicklung“, das vom BWGV gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württem- berg durchgeführt und finanziell gefördert wird, soll die Daseinsvorsorge und der Zusam- menhalt in Quartieren gestärkt und genos- senschaftlich organisiert werden. Unter der Überschrift „WohnenPlus“ sind unterschied- liche Akteure (Kommunen, soziale Träger, Vereine, Kirchen, Wohnungsbauunternehmen oder die lokale Wirtschaft) dazu eingeladen, Wohnen und soziale Dienstleistungen unter dem Dach einer Quartiers- oder Stadtteilge- nossenschaft zu verbinden. So haben sich bei- spielsweise in der Quartiersgenossenschaft Amtzell die Gemeinde Amtzell, die Kränzle- Stiftung und die Stiftung Liebenau zusammen- getan, um unter einem Dach die Gemeinwe- senarbeit vor Ort genossenschaftlich zu orga- nisieren. Zahlreiche weitere Beispiele führten den Teilnehmern die vielfältigen Kooperations- möglichkeiten vor Augen: sei es Inklusionspro- jekte, Gemeinschaftsräume oder Kitas, alles ist gemeinsam mit Partnern unter dem Dach einer Genossenschaft möglich. BEST-PRACTICE BIETET INSPIRATION Der Nachmittag des Genossenschaftstages gehörte ganz der Praxis. In insgesamt drei Workshops stellten Vertreterinnen und Ver- treter von Wohnungsunternehmen ihre Pro- jekte vor und diskutierten diese mit den Teil- nehmerinnen und Teilnehmern. Workshop 1, den Martin Gebler, Prokurist und Leiter Wohnungsverwaltung der Neues Heim – Die Baugenossenschaft eG, leitete, be- fasste sich mit dem Thema Servicewohnen. Was auf den ersten Blick als etwas ange- staubter Begriff für betreutes Wohnen daher- kommt, wird von der Neues Heim eG modern und umfassend interpretiert. Ihr Anspruch ist es, bezahlbaren und modernen Wohnraum für Menschen in verschiedensten Lebenslagen zu schaffen. Dabei leiten die Bedarfe der Mit- glieder und der demografische Wandel die Unternehmensstrategie. Wo zwischenzeitlich für die Mitglieder geplant wurde, kehrt die Genossenschaft zu ihren Wurzeln zurück; sie plant wieder wie zu ihrer Gründungszeit 1948 mit den Mitgliedern gemeinsam. An- hand mehrerer konkreter Projekte wurde den Workshopteilnehmern verdeutlicht, was diese Einstellungsänderung konkret bedeutet. Egal ob bei Abriss und Neubau, reinem Neubau oder dem Umbau eines Bestandsquartiers, die Bedürfnisse der Mitglieder werden stets berücksichtigt, vielfältige Beteiligungsverfah- ren und kreative Lösungen werden gefunden, um gemeinsam mit Kooperationspartnern neue Wege zu gehen und die Angebotspalet- te der Genossenschaft zu erweitern. Neben WohnCafés und Mietertreffs ist beispiels- weise ein mobiles Tiny House im Einsatz, das in Quartieren als Anlaufstelle für Nachbar- schaftshilfe fungieren kann. In Stuttgart Rot wurde, auch dank der Förderung durch das Ministerium, sogar eine Laborbühne mitten im Quartier gebaut, die nun als Schauplatz für zahlreiche Beteiligungsformate im Quartier dient und auf der von der Impfaktion bis zum Nachbarschaftstreff mindestens 24 Aktionen in 24 Monaten das Quartier mit Leben füllen sollen. Kooperationen mit der Diakonie Stet- ten, ViA - Vertrauen im Alltag oder das Enga- gement im Verein Integrative Wohnformen e.V. ermöglichen es der Neues Heim eG am- bulant betreute Pflege-WGs, Tagespflegezim- mer, Wohngemeinschaften von Menschen mit Behinderungen, Wohnen für Studierende, Cluster Wohnen oder die Zusammenarbeit mit Mieterbaugemeinschaften zu verwirklichen. Sie kooperiert in verschiedenen Gebieten auch mit anderen Wohnungsbaugenossenschaften, wie der Baugenossenschaft Zuf fenhausen eG Dr. Annika Reifschneider vom BWGV Baden- Württembergischen Genossenschaftsverband (oben) sprach über das Projekt Wohnen Plus während Prof. Dr. Jürgen Keßler von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin über rechtliche Themen referierte. Einige Genossenschaften aus Nordrhein-West- falen haben dieses Mehr mit der Wortschöp- fung „Wohnfühlen“ beschrieben und werben aktiv damit. Nah am Menschen sein, die Be- dürfnisse der Mitglieder und den eigenen Be- stand kennen, bei Notlagen und Problemen schnell erreichbar sein und aktiv helfen, all das bieten professionell geführte Wohnungs- baugenossenschaften. Darüber hinaus führte Dorny einige Beispiele auf, was aus ihrer Sicht noch zum Wohnfühlen beitragen kann: Dienst- fahrräder für Mitarbeiter, Fahrradverleih und Carsharing für die Mitglieder, Photovoltaik und Solarthermie, dezentrale Energieversor- gung und Blockheizkraftwerke, all dies setzen Genossenschaften bereits heute um. Zudem sind sie oft Förderer kultureller Institutionen vor Ort, bieten Sozialarbeit und Begegnungs- stätten in ihren Quartieren oder betreiben Kitas und Pflege-WGs. Beispiele, die auch in den Workshops am Nachmittag noch eine Rolle spielen sollten. Der zweite große Impuls des Tages kam von Professor Dr. Jürgen Keßler von der Hoch- schule für Technik und Wirtschaft Berlin, sei- nes Zeichens unter vielen weiteren Themen Experte für Deutsches, Europäisches und Internationales Gesellschaftsrecht. Er behan- delte in seinem Vortrag die rechtlichen Mög- 40